Nemp unterstützt ReplayGain. Damit wird die Lautstärke von Titeln aus unterschiedlichen Quellen angeglichen, so dass alle Titel in der gleichen Lautstärke wiedergegeben werden. Zumindest ist dies das Ziel.

Nemp wertet dazu die ReplayGain-Informationen in den Metadaten aus. Am weitesten verbreitet sind die Tags im Format REPLAYGAIN_TRACK_GAIN. Es gibt noch ein paar andere Formate dafür, diese werden aber meines Wissens nach generell nur sporadisch genutzt und werden daher auch von Nemp nicht unterstützt.

Unterstützt werden diese Tags bei MP3, Ogg-Vorbis, Flac, M4A sowie bei den exotischeren Formaten, die den APEv2-Tag für Metadaten verwenden. Diese Werte müssen im Vorfeld berechnet werden, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.

Das Konzept hinter ReplayGain

TrackGain. Mit ReplayGain wird versucht, alle Titel gleich laut klingen zu lassen. Dafür wird die Lautstärke eines Titels mit einem Referenzwert verglichen. Die Abweichung zu diesem Referenzwert gibt an, wie sehr die Lautstärke des Titels bei der Wiedergabe erhöht oder verringert werden muss, so dass dieser Referenzwert erreicht wird. Dieser Wert wird als TrackGain bezeichnet.

AlbumGain. Bei einigen Alben gibt es jedoch Titel, die bewusst lauter oder leiser sind als andere Titel auf dem Album. Diese gewollten Unterschiede in der Lautstärke würden dann verloren gehen. Daher wird nicht nur die Lautstärke der einzelnen Titel analysiert, sondern es wird zusätzlich die durchschnittliche Lautstärke des gesamten Albums betrachtet, und die Differenz zum Referenzwert ermittelt. Dies ist dann der AlbumGain-Wert.

Je nach Zusammenstellung der Playlist sollte TrackGain oder AlbumGain verwendet werden. Das kann im Einstellungsdialog unter Player-Einstellungen festgelegt werden.

Vorverstärkung. Je nach Musiksammlung ist es sinnvoll, einen Default-Wert für die Lautstärkeanpassung zu definieren. Viele aktuellen Alben werden sehr laut abgemischt (Stichwort Loudness-War). Dadurch sind die ReplayGain-Werte bei diesen Titeln negativ (z.B. -6dB). Wird dann ein Titel ohne ReplayGain-Information abgespielt, erscheint dieser möglicherweise störend laut. Ein Standardwert von z.B. -5dB verringert diesen Unterschied deutlich.

Andersherum erscheinen in diesem Beispiel nach der Anwendung von ReplayGain alle Titel (deutlich) leiser als vorher, was auch nicht unbedingt gewünscht ist. Daher kann auch ein zusätzlicher Default-Wert für Titel mit ReplayGain-Daten angegeben werden.

Diese Standardwerte hebeln ReplayGain ein Stück weit aus. Welche Werte dort sinnvoll sind, hängt von den eigenen Vorlieben ab, und von der Zusammensetzung der Musiksammlung.

Clipping und Peaks. Wenn bei der Vorverstärkung ein positiver Wert eingestellt ist, dann kann es passieren, dass einige Samples über das eigentliche Maximum hinaus verstärkt werden. Bei dieser Übersteuerung entstehen störende Effekte in der Wiedergabe. Im deutschen kann man dann von brüllen sprechen, allgemein nennt sich das clipping. Um das zu vermeiden, kann die Erhöhung der Lautstärke so angepasst werden, dass der Spitzenwert eines Titels nie über das Maximum hinaus verstärkt wird. Dafür werden bei der Berechnung der ReplayGain-Werte auch die Spitzenwerte ermittelt und in die Metadaten geschrieben (als REPLAYGAIN_TRACK_PEAK, entsprechend auch für den Album-Wert.

Auch diese Optionen können in den Player-Einstellungen geändert werden.

Clipping und Floating-Point-Channels. Nemp verwendet für die Wiedergabe standardmäßig Floating-Point-Channels. Diese ermöglichen intern auch die Verarbeitung von Samples, die über das "eigentliche Maximum" hinaus gehen. Ein mögliches Clipping tritt dann erst bei den Boxen auf - wenn überhaupt. Daher bewirkt die Option Verhindere Clipping in vielen Fällen keine Verbesserung des Klangs, sondern nur eine Verringerung der Lautstärke. Wenn man jedoch die Verwendung der Floating-Point-Channels in den erweiterten Player-Einstellungen deaktiviert, und dann hohe Werte für die Vorverstärkung einstellt, dann hört man die Wirkung von "Verhindere Clipping" sehr deutlich.

Berechnung der ReplayGain-Werte

Mit Nemp können diese Werte auch berechnet werden, sofern sie nicht schon vorhanden sind. Markieren Sie zunächst einige Titel in der Playlist oder Medienliste und wählen Sie dann über das Kontextmenü (aufrufen per Rechtsklick) den Punkt ReplayGain bzw. die gewünschte Variante

  • einzelne Titel. Es werden nur TrackGain-Werte berechnet.
  • als ein Album. Zusätzlich zur Berechnung der TrackGain-Werte werden die markierten Titel als ein Album interpretiert. Die AlbumGain-Werte basieren auf der durchschnittlichen Lautstärke aller markierten Titel.
    Um die Anzahl der Schreibzugriffe auf die Metadaten zu minimieren, werden auch die TrackGain-Werte erst dann in die Metadaten geschrieben, wenn die AlbumGain-Werte vorliegen - also erst nach der Berechnung des letzten Titels. Wird der Vorgang vorzeitig abgebrochen, gehen sämtliche berechneten Werte verloren.
  • mehrere Alben (nach Tags). Die markierten Dateien werden als mehrere Alben interpretiert. Die automatische Zusammenstellung der Alben basiert dabei auf den Metadaten. Wenn der Wert für "Album" in den Metadaten abweicht (z.B. weil ein Zusatz wie "CD 1/2" enthalten ist), sollte diese Option ggf. nicht gewählt werden.
    Die ReplayGain-Werte für ein Album werden in die Metadaten geschrieben, wenn die Berechnung aller Titel dieses Albums abgeschlossen ist.
  • ReplayGain-Werte löschen. Die Werte werden aus den Metadaten wieder gelöscht.

Ein paar Hinweise dazu:

  • Die Audiodaten selbst werden dabei nicht verändert. Es werden ausschließlich bis zu vier Datenpunkte (Track/Album-Gain/Peak) in die Metadaten der Dateien eingefügt. Player, die ReplayGain nicht unterstützen, werden also nicht dadurch beeinflusst. Player, die ReplayGain in dieser Form unterstützen, aber natürlich durchaus.
    Es gibt auch die Variante (zumindest bei mp3-Dateien, siehe MP3Gain), dass die Audiodaten selbst (reversibel) geändert werden, so dass es auch bei Playern ohne ReplayGain-Unterstützung zu einer gleichmäßigen Lautstärke kommt. Dieses Verfahren wird von Nemp nicht angewendet.
  • Es ist absolut nicht empfehlenswert, die ReplayGain-Werte für die komplette Medienbibliothek auf einmal berechnen zu lassen. Das gilt ganz besonders für die Option mehrere Alben, da die Unterteilung nach Alben selbst bei gut gepflegten Sammlungen nicht immer zu 100% richtig liegt. Und natürlich gilt das noch mehr für die Option als ein Album - diese auf die gesamte Medienbibliothek anzuwenden (oder auf weite Teile davon) ist absolut sinnfrei. Denn dadurch bleiben (bei Verwendung der AlbumGain-Werte) die Unterschiede in der Lautstärke erhalten, was durch ReplayGain ja eigentlich verhindert werden soll.
  • Für die Berechnung des AlbumGain-Wertes müssen alle Titel des Albums die gleiche Samplerate haben. Wenn beispielsweise ein Titel nicht die üblichen 44.1kHz hat, sondern 48kHz, dann wird die Berechnung des AlbumGain-Wertes abgebrochen.
  • Bei meinen Tests hat sich herausgestellt, dass Nemp (bzw. die verwendete Programmbibliothek) bei einigen Dateien leicht andere Werte liefert als z.B. foobar2000 oder Mp3Gain. Die Abweichungen werden besonders deutlich bei Titeln, die sowohl sehr laute als auch sehr leise Passagen haben. Die Tendenz stimmt jedoch, und bei Titeln mit stark schwankender Lautstärke (als Klassiker verweise ich auf den Bolero) ist eine "durchschnittliche" Lautstärke ohnehin ein schwierig zu definierender Begriff, bzw. ist so ein Wert dort nur von sehr beschränkter Aussagekraft.

Kombination mit Mp3Gain

Es gibt generell zwei Methoden, um eine gleichmäßigere Lautstärke zu erreichen.

  • Das in Nemp verwendete ReplayGain lässt die Audiodaten unverändert, und schreibt in die Metadaten Hinweise zur Anpassung der Lautstärke.
  • Das ebenfalls weit verbreitete Programm Mp3Gain kann die Audiodaten verändern, und schreibt dann in die Metadaten die Information, wie man diese Änderung rückgängig machen kann. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile. 

ReplayGain funktioniert bei allen Audio-Formaten, Mp3Gain hingegen nur bei Mp3-Dateien. Auf der anderen Seite funktioniert ReplayGain nur dann, wenn die Metadaten vom Audio-Player entsprechend ausgewertet werden, Mp3Gain funktioniert immer. 

Wichtig ist, dass man auf jede Datei bzw. jedes Album immer nur eines der beiden Verfahren anwenden sollte. Beide zusammen können unerwünschte Ergebnisse bewirken.